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Ausbau Fernreisemobil – Strom-Konzept

Wie bereits im allgemeinen Energie-Konzept beschrieben, kommt der Versorgung mit elektrischer Energie eine besondere Bedeutung zu. Für viele Dinge im Wohnmobil wird Strom benötigt (Licht, Wasserpumpe, Heizung, ...), aber in der heutigen Zeit ist auch die Versorgung der modernen "Elektronikspielzeuge" wie Handy, Tablet, Notebook, Kameras usw.  ein Muß. Gleich vorweg kann man sagen, dass sich hier in den letzten Jahren viel getan an, sowohl auf der Verbrauchsseite, aber auch auf der Seite der Stromerzeugung und -speicherung. Die typischen Fragestellungen zum Thema "Strom" wollen wir hier durchgehen und unsere Überlegungen und Entscheidungen darstellen.

 

Überblick über die einzelnen Punkte:

  • Wieviel "Saft" braucht man? - Die Verbaucher
  • Woher kommt der Strom? - Möglichkeiten der Erzeugung unterwegs
  • Wohin mit der Energie? - Batteriesystem
  • 12V oder 24V im Aufbau?
  • Tips und Infos zur Solaranlage

 

Die Elektrik ist eine der vielen Herausforderungen beim Bau eines Fernreisemobils. Hier ein Foto unseres Bedienpanels mit Schaltern, Batteriemonitor und Bedienteilen für Heizung, Warmwasser und Wechselrichter.

 

Wieviel "Saft" braucht man? - Die Verbaucher

Gleich zu Beginn stellen wir uns die eigentlich schwierigste Frage. Denn die Antwort kann nur lauten: "Es kommt darauf an..." Versuchen wir dennoch, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Den eigenen Stromverbrauch zu kalkulieren ist eine aufwendige Rechenaufgabe. Sehr viele Faktoren nehmen darauf Einfluß. Sinnvoll ist es, die einzelnen Verbraucher durchzugehen und hinsichtlich Ihrer Leistungsaufnahme (Angabe in Watt) und ihrer täglichen Nutzungsdauer zu betrachten. Wobei man sagen kann, dass es sich nur lohnt, die "hungrigen" Verbraucher zu betrachten. LED-Beleuchtung, Handy und Tablet kann man getrost vernachlässigen, da deren Strombedarf recht gering ist. Die Trinkwasserpumpe "zieht" zwar einige Ampere, läuft aber so kurze Zeit, dass sie auch nicht ins Gewicht fällt.
Hier bei uns gibt es keinen "Stromrechner", wie man sie häufiger im Netz findet. Ich halte diese für nur bedingt sinnvoll, weil sie die unterschiedlichen Nutzungssituationen nicht berücksichtigen (siehe das unten stehende "Extrembeispiel" beim Kühlschrank). Eher geht es darum ein "Gefühl" für den Stromverbrauch zu erzeugen und Denkanstöße zu geben.

Was verbraucht viel Strom?

Kompressorkühlschrank
Der Kühlschrank ist einer der "Großverbraucher", weniger wegen der absoluten Leistungsaufnahme, sondern wegen der Laufzeit. Schließlich "rennt" das Ding den ganzen Tag. Aber wieviel braucht er insgesamt? Die maximale Leistungsaufnahme findet sich im Datenblatt und kann einfach abgelesen werden. Die Einschaltdauer ist sehr unterschiedlich. Sie hängt von der Außentemperatur und der gewünschten Innentemperatur ab. Aber auch davon, wie oft man den Kühlschrank öffnet und wie häufig man "warme" Sachen hineinlegt, die dann erst runtergekühlt werden müssen.
Häufig hört man "Wenn der Kühlschrank viel Strom braucht, scheint auch die Sonne und dann bringt die Solaranlage genug.". Grundsätzlich stimmt das, aber doch war es bei uns genau eine solche Situation (zugegeben eine Extremsituation), in der unsere (damals 400Wp) Solaranlage nicht ausreichend war: Wir hatten mehrere Wochen mehr as 40°C (Iran, in der Wüste Lut 48°, danach fast 3 Wochen in Usbekistan über 40°C). Da hat der Kühlschrank viel zu tun. Dazu kam aber, dass sich in dieser Zeit alles im Fahrzeug entsprechend aufgeheizt hat. Auch das Trinkwasser. Nun eignet sich Wasser, das 40°C warm ist, nicht wirklich zum Trinken. So wanderten täglich mehrere Liter Wasser dieser Temperatur in unseren Kühlschrank, um es "trinkfähig" zu machen (kühl war es dann immer noch nicht). Der Kompressor lief ununterbrochen in dieser Zeit. Auch der Kompressor unserer Kühlbox, die wir zum Gefrieren nutzen, lief ohne sich einmal abzuschalten. Beide Geräte zusammen verbrauchten in dieser Situation mehr Strom, als unsere Solarzellen trotz bester Sonneneinstrahlung liefern konnten.

Elektrisches Kochen / Warmwasserbereitung
Kochen mit Strom verbraucht sehr viel, kann aber durchaus interessant und sinnvoll sein, wenn genügend Strom vorhanden ist. Denn dann spart man den anderen dafür benutzten Energieträger (bei uns Gas). Diese Wahlfreiheit führt bei uns dazu, dass wir mit 2 Gasflaschen 12 Monate auskommen. Deshalb möchten wir die Option, elektrisch zu Kochen und Heißwasser zu bereiten, nicht missen. Ein rein elektrisches Kochen, wäre bei unserer Art des Reisens nicht möglich (wie schon beim Energiekonzept beschrieben). Bei anderen Reisegewohnheiten kann das aber durchaus funktionieren.

Heizung
Auch Gas- und vor allem Dieselheizungen brauchen einiges an elektrischer Energie. Dies fällt bei den meisten Reisen nicht wirklich ins Gewicht, weil die Heizung selten und meist nicht lange läuft. Stehen aber auch "Winterreisen" oder entsprechende Reiseziele auf dem Plan, ist auch der Stromverbrauch der Heizung ein Faktor, den man bedenken sollte. Gerade, weil dann die Solarleistung gering ist.

Notebook
Ein modernes, schnelles Notebook hat eine Leistungsaufnahme zwischen 50 und 90 Watt. Läuft der Rechner mehrere Stunden (z. B. Bildbearbeitung bei Fotografen oder Videoschnitt), kommt da einiges zusammen. 

Waschmaschine
Wir haben eine "Camping-Waschmaschine" (mit Schleuder) dabei, was wir für sehr sinnvoll halten. Unsere hat z. B. eine Leistungsaufnahme von rund 150 Watt. An einem Waschtag läuft diese schon ein paar Stunden. Da kommt was zusamen. Aber Waschtage machen wir natürlich tendentiell bei schönem Wetter, die Wäsche soll ja auch Trocknen. Das passt dann ganz gut zur Solarleistung.

 

Woher kommt der Strom? - Möglichkeiten der Erzeugung unterwegs

Solarzellen sind die sinnvollste Stromquelle unterwegs. Jedoch nicht die Einzige.

Solar
Eine Solaranlage ist ein Muß und bei den heutigen Preisen für Panels und Laderegler auch recht preisgünstig zu beschaffen. Der Vorteil von Solar besteht darin, dass sie keinen Platz beansprucht (ungenutzte Dachfläche), praktisch keine Wartung erforderlich ist, wenig daran kaputt gehen kann und sie geräuschlos ohne eigenes Zutun ihre Arbeit verrichtet (auch schon, wenn man morgens noch gemütlich im Bett liegt). Diese Vorzüge bietet keine der anderen Stromquellen. Eine genauere Beschreibung einer (unserer) Solaranlage und einige Hintergrundinfos finden sich auf einer eigenen Seite: Solaranlage

Lichtmaschine / Laden über den Motor während der Fahrt
Die zweite Stromquelle, die recht einfach zur Verfügung steht und recht viel Leistung bereitstellt, ist das Laden per Lichtmaschine. Auch wenn bei den älteren LKWs meist keine besonders leistungsfähigen Lichtmaschinen verbaut sind, können auch diese einiges an Strom liefern. Natürlich nur, wenn der Motor läuft. Die nutzbare Menge hängt also direkt von der (täglichen) Fahrzeit ab. Da wir eher "Wenigfahrer" sind, soll unser Stromkonzept also "möglichst" ohne Lichtmaschine auskommen. Meist gelingt das, dort wo nicht, sind wir froh, über diese zweite Energiequelle zu verfügen. Es empfiehlt sich, für die Ladung der Verbraucherbatterien per Lichtmaschine ein sogenanntes "Batterie2Batterie"-Ladegerät zu verwenden. Damit werden die Batterien mit einer ordentlichen "Kennlinie" geladen, was normale Lichtmaschinen nicht machen. Das Ladegerät entkoppelt die beiden Batteriesysteme (Startbatterien und Verbraucherbatterien) auch voneinander. Und es bietet auch die einfache Möglichkeit von unterschiedlichen Spannungen zwischen Fahrgestell (24V) und Aufbau (12V), wenn gewünscht. Wir verwenden dazu ein 24V-12V-Ladegerät, welches 40A auf der 12V-Seite liefert.

Stromerzeuger
Prinzipiell ist es natürlich auch möglich, einen Stromerzeuger mitzunehmen oder sogar fest einzubauen. Für uns scheidet diese Option aus (nur in Ausnahmefällen, wie der aktuellen "Winterreise" in den Norden Skandinaviens haben wir einen Stromerzeuger für den Notfall dabei). Das Naturerlebnis hat für uns bei unseren Reisen einen großen Stellenwert und damit verträgt sich ein stundenlang laufender, stinkender Stromerzeuger einfach nicht. Es uns auch unerklärlich, warum jemand an einen schönen See fährt, dort "wildcampt" und dann stundenlang den Stromerzeuger laufen lässt, um im Wohnmobil TV zu schauen. Bei bestem Wetter. Auf dieser Reise wieder erlebt...

Brennstoffzelle
Die Brennstoffzelle ist eine andere Art Stromerzeuger. Während bei einem "normalen" Stromerzeuger ein Verbrennungsmotor zum Einsatz kommt (Benzin oder Diesel) und der Strom durch mechanische Arbeit erzeugt wird, wird in einer Brennstoffzelle Strom durch einen chemischen Prozess erzeugt. Dies hat viele Vorteile: besserer Wirkungsgrad, weniger Verschleiss/Wartungsnotwendigkeit, weniger Lautstärke. Aber - neben dem Preis - gibt es einen gravierenden Nachteil bei einem Fernreisemobil: Der benötigte Brennstoff. Brennstoffzellen arbeiten mit Wasserstoff oder - im Campingbereich - hochreinem Methanol. Dies unterwegs zu beschaffen, dürfte auf absehbare Zeit unmöglich sein. Es gab (oder gibt?) auch Brennstoffzellen, die mit Flüssiggas arbeiten (zumindest Truma hat die Produktion ihres Produktes Vega aber nach kurzer Zeit bereits wieder eingestellt).
Für uns ist eine Brennstoffzelle keine Option.

Windkraft
Denkbar wäre es auch (zusätzlich) ein kleines Windrad mitzunehmen. Aber in der Praxis hat das einige Nachteile: Während der Fahrt muss das Windrad verstaut werden (Platz). Dann hat man immer Aufwand, wenn man Strom erzeugen möchte (Auf- und Abbau). Man braucht einen stabilen Aufsteller, denn eine Befestigung am Fahrzeug selbst scheidet wegen der Schwingungen, die das Windrad erzeugt, aus - außer vielleicht für Masochisten... 😉
Also auch keine wirkliche Option für uns.

"Landstrom"
Wenn man häufiger auf Campingplätze oder Wohnmobilstellplätze fährt, besteht natürlich die Möglichkeit über ein Ladegerät die Batterien per "Landstrom", also aus dort vorhandenen 220V-Steckdosen, zu laden. In der Tat haben wir auch ein solches Ladegerät verbaut und eine Einspeisesteckdose. Tatsächlich wurde Beides unterwegs noch nie genutzt und ich sehe es heute als Fehlinvestition - zumindest bei uns.

Wir haben uns für unser Fahrzeug für die Kombination aus Solaranlage (aktuell 600Wp) als "Hauptstromquelle" und Batterie2Batterie-Ladegerät (optional per Schalter) entschieden. Das hat sich bei uns bewährt und würden wir wieder genauso machen.

 

Wohin mit der Energie? - Batteriesystem

Irgendwo muss der erzeugte Strom ja hin. Sinnvollerweise in ein eigenes Batteriesystem (unabhängig von den "normalen" Fahrzeugbatterien). Warum ein eigenes? Zum Einen berührt eine Entladung der Batterien durch die (vielen) Verbraucher, die man so benutzt, nicht die Startfähigkeit des Motor. Es hilft ja nix, wenn das Bier zwar schön kühl ist, der Motor aber nicht mehr anspringt und man nicht weiterfahren kann - obwohl das je nach Menge des gekühlten Bieres sinnvoll sein kann ;-). Zum Anderen sind Startbatterien dazu gebaut, viel Strom auf einmal für einen kurzen Zeitraum abzugeben. "Verbraucher"-Batterien sind eher für kleinere Entladeströme über längere Zeit optimiert.
Grundsätzlich kommen im Fernreisemobil zwei Arten von Batterien in Frage: Blei-Säure-Batterien (in den Ausprägungen: "Nass"-, "AGM"- oder "Gel"-Batterien) oder die moderneren Lithium-Ionen-Batterien.
Nach jahrelanger Nutzung von AGM-Batterien, haben wir vor ein paar Jahren zu Lithium-Ionen-Batterien gewechselt und diesen Schritt bis heute nicht bereut. Lithium-Ionen-Batterien bieten nur Vorteile (dazu gehört auch der Preis!). Zumindest bei dauerhafter Nutzung des Fahrzeuges. Für ein Fahrzeug, dass nur ein paar Wochen im Jahr genutzt wird, mag das anders aussehen.

Weitere Informationen zum Thema LithiumIonen-Batterien haben wir auf einer eigenen Seite zusammengestellt: LithiumIonen-Batterien

 

12V oder 24V im Aufbau?

Ein Punkt der immer wieder gerne diskutiert wird, ist die Frage, ob bei einem Fernreisemobil auf LKW-Basis im Wohnbereich mit 24V oder 12V gearbeitet werden sollte. Ich bin da pragmatisch, ich finde es ist ziemlich egal. Man kann das nach seinen Vorstellungen umsetzen.
Wir haben uns - gegen die viel geäußerte Meinung (auch von "Experten") für 12V entschieden. Warum? Für uns waren 2 Dinge entscheidend: Unsere "geliebte" Redundanz und die größere Verfügbarkeit von Geräten auf 12V-Basis.

Folgende Vorteile werden von 24V-Befürwortern normalerweise genannt (dazu jeweils unsere Gedanken/Erläuterungen):

  • Einfacheres Laden über die Lichtmaschine
    Für die Trennung der beiden Batteriebänke (Start- und Verbraucherbatterien) wird sowieso ein Stück Technik (mindestens ein Relais, aber eigentlich eher Elektronik gebraucht). Da kann man auch ein passendes Batterie2Batterie-Ladegerät einsetzen und kommt somit in den Genuß einer ordentlichen Ladekennlinie.
  • Wenn beide Batteriebänke mit 24V arbeiten, kann man sich im Notfall selbst "fremdstarten", wenn die Startbatterien leer oder defekt sind.
    Das ist richtig. Da wir aber sowieso 2 Verbraucherbatterien verwenden (Redundanz), ist das auch bei uns kein Problem. Ein entsprechender Umschalter, etwas Kabel und etwas Nachdenken, ermöglicht eine Umschaltung mit einem Griff, um im Fall der Fälle die normalerweise parallel geschalteten Batterien (12V) in Reihe zu schalten (24V). Somit können wir uns auch selbst "fremdstarten."
  • Bei 24V sind dünnere Kabel möglich.
    Das ist richtig, den Unterschied sehen wir aber bei der Verkabelung eines Fernreisemobils als gering an.
  • Die ursprüngliche Entscheidung zu 12V fiel bei uns wegen der zunächst favorisierten Heizung, die wir verwenden wollten. Diese gab es nur in 12V. Im Nachhinein haben wir diese zwar dann doch nicht verwendet, aber haben unsere Entscheidung trotzdem nicht bereut. Die Auswahl an 12V-Geräten ist einfach viel größer. Wir haben bei beiden Fahrzeugen auch eine 12V-Zuleitung aus dem Wohnkoffer ins Fahrerhaus gelegt und betreiben dort eigentlich alles, was wir selbst eingebaut haben, mit 12V und über die Verbraucherbatterien (Radio, Funkgerät, Zusatzbeleuchtung, ...), nicht über die Starterbatterien. Auch ein Anschluß für unsere Kompressorkühlbox ist vorgesehen (falls sie nicht zum Tiefkühlen, sondern zum Kühlen von Getränken während der Fahrt verwendet werden soll - was wir, ehrlicherweise zugegeben, noch nie gemacht haben).
    Die Redundanz im Batteriesystem (bei LithiumIonen kommt ja quasi zwangsweise auch etwas Elektronik für ein Batterie-Management-System und ein Relais zum Einsatz), war uns wichtig. Sollte eine der beiden Batterien ausfallen, geht alles normal weiter (nur mit halber Kapazität). Ansonsten müssten wir unterwegs eine BleiSäure-Batterie kaufen (eine LithiumIonen wird man wohl kaum finden) und diese mit der noch intakten LithiumBatterie in Reihe schalten. Keine wirklich gute Idee. Wir verlieren in diesem Falle nur unsere eigene "Fremdstart-Fähigkeit".

     

    Tips und Infos zur Solaranlage

    Damit diese Seite nicht zu umfangreich wird, haben wir diese Infos ausgelagert: Solaranlage

     


    Disclaimer - Achtung !!!
    Alles was hier steht, ist unsere eigene, ungeschminkte Meinung und kann auch ganz falsch sein. Wir haben weder die Weisheit mit Löffeln gefressen - noch glauben wir das. Jeder darf gerne zu ganz anderen Überzeugungen kommen. Kein Problem. Aber vielleicht findet der ein oder andere hier ja für ihn interessante Punkte oder stolpert über Dinge, die er bislang übersehen hat.

    Wenn Du der Meinung bist, dass Dich unser Tun hier weitergebracht hat und Du unsere Arbeit und unseren Aufwand honorieren möchtest, kannst Du uns gerne virtuell zum Essen einladen. Das geht am einfachsten über eine PayPal-Spende. Oder mal am Lagerfeuer ein Bier ausgeben. Wenn nicht, dann halt nicht...