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Ausbau Fernreisemobil – Die Wohnung – Koffer oder Shelter

Eine weitere wichtige Entscheidung ganz zu Beginn des Ausbau-Projektes gilt der Außenhülle des Wohnraumes. Hier bleibt zunächst die Entscheidung, ob es "was fertiges von der Stange", womit in der Regel ausgemusterte Shelter des Militärs gemeint sind, oder einen den eigenen Wünschen entsprechend gebauten Wohnkoffer sein soll. Beides hat, wie so oft im Leben, Vor- und Nachteile.

Die offensichtlichen Vor- und Nachteile liegen auf der Hand: Bei einem Shelter ist man an die festgelegten Maße gebunden. Diese sind nicht ohne großen Aufwand sinnvoll zu ändern. Dafür ist ein Shelter günstiger und stabiler. Ein individuell erstellter Koffer wird natürlich "auf Maß" gebaut, so kann man seinen Wohnraum besser gestalten. In der Regel sind diese auch isolationstechnisch besser und weisen - wenn der Kofferbauer sein Handwerk versteht - keine Wärmebrücken auf. Klugscheißermodus: es heißt korrekt Wärme- und nicht Kältebrücken! 😉  Dafür muss man für einen solchen Koffer tiefer in die Tasche greifen.

Unsere Wahl fiel auf einen FM2-Shelter der Bundeswehr (Hersteller Zeppelin). Und wir sind damit auch glücklich geworden. Warum? Uns reicht die Größe des Koffers aus. Da wir sowieso auf ein Badezimmer verzichtet haben (und das auch immer wieder tun würden) kommen wir mit der Grundfläche gut hin. Aufgrund unserer (geringen) Körpergröße haben wir keinerlei Probleme mit der Innenhöhe (beim FM2 sowieso üppige 1,91m) und wir können auch bequem querschlafen (Innenbreite etwa 2,05). Preislich haben wir deutlich mehr als EUR 10.000,- gegen über einem typischen Koffer gespart. Geld, das wir lieber verreisen - mit einfachem "s" 😉

Unser Zeppelin FM2 im Rohzustand auf unserem ersten Basisfahrzeug.

Warum der Zeppelin?

Uns passten die Abmaße recht gut ins Konzept und der Zeppelin ist gegenüber dem - auf den ersten Blick - recht baugleichen Dornier deutlich besser isoliert. Wennleich man auch beim Zepplin etwas nachisolieren sollte/muss (siehe unten).
Wenn ein FM2 dann also unbedingt ein Zeppelin. Den Dornier erkennt man von aussen sofort an den Unmengen von Nieten, die über die gesammten Seitenwände verteilt sind (der Zeppelin hat diese nur um Rand vorbei). Die vielen Nieten bei der Dornier-Variante kommen von der gänzlich unterschiedlichen Bauweise: Während der Zeppelin eine Alu-Sandwichbauweise aufweist (außen und innen Alu, dazwischen eine 57mm dicke Styrodurplatte flächig verklebt), befinden sich beim Dornier zwischen der Innen- und Außen-Aluschicht Unmengen an Z-Profilen, die eben mit diesen vielen Nieten vernietet sind. Und alle diese Z-Profile stellen Wärmebrücken dar. 

Es gibt natürlich noch eine Anzahl anderer Shelter: Von den Dänen, den Briten, den Amerikanern, ... Diese haben auch andere Maße und andere Bauweisen. Überzeugt haben uns bislang aber nur der Zeppelin-FM2, sowie der dänische Shelter, den es in zwei Baugrößen gibt. Speziell die kleine Variante ist interessant für Leute, die einen wirklich kleinen Shelter suchen. Der kleine Däne ist nämlich etwas größer, als die kleinen deutschen FM1. Vor allem etwas höher (Innenhöhe 1,71m).

Der kleine dänische Shelter hier auf dem MAN G90.

 

Vor- und Nachteile Shelter zu Wohnkoffer

Shelter (am Beispiel FM2)

  • (+) günstiger Preis
  • (+) stabiler (FM2 kann incl. 4 Tonnen Zuladung an den oberen 4 Ecken gekrant werden
  • (+) Vorteile beim Hilfsrahmen (siehe unten)
  • (+) in der Regel schneller zu beschaffen
  • (-) höheres Gewicht
  • (-) Maße liegen fest

Wohnkoffer

  • (+) Maße "frei" wählbar
  • (+) keine Wärmebrücken
  • (+) leichter (jedoch siehe unten)
  • (+) Heckabschrägung kann mit bestellt werden
  • (-) teurer
  • (-) längere Wartezeiten (siehe unten)

Anmerkungen zum Thema Gewicht
Gegen Shelter wird oft der Einwand gebracht, sie seien deutlich schwerer, als Wohnkoffer die man sich bauen lässt. Ich finde, da muss man etwas differenzieren. Ich glaube, dass beim Gewicht der Wohnkoffer von den Herstellern gerne etwas untertrieben wird. Wer wiegt schon seinen Koffer nach, wenn er ihn erhält? 😉  Gerne wird einfach der Quadratmetergewicht der Panels zusammengerechnet. Dann fehlen gerne mal Kantenschutz und Kleber und Verstärkungen, die einlaminiert werden (zur Befestigung, für Klappen, Ersatzrad, ...). Auch gilt zu bedenken, dass der Hilfsrahmen für einen nicht selbsttragenden Wohnkoffer auch ein paar Kilo schwerer wird, als für einen Shelter. Beim Shelter reichen 4 Kragarme nach aussen, da dieser nur auf seinen 4 Ecken steht. Bei einem Wohnkoffer sind 8 oder 10 Kragarme notwendig, auf denen der Koffer ruht.  Wenn man all das berücksichtigt, schrumpft der Gewichtsvorteil des Wohnkoffers etwas. Hinweis: der FM2 von Zeppelin wiegt leer 1040 kg (steht drauf, nachgewogen habe ich ihn nicht).

Noch ein Hinweis zu den Kragarmen: Diese zusätzlichen Kragarme können auch eine negative Auswirkung auf die Höhe des Hilfsrahmens (und damit der Gesamthöhe des Fahrzeuges) haben. Durch die Verwindungen des Fahrgestells und die Arbeit des Hilfsrahmens muss darauf geachtet werden, dass es nicht zu unsanften Begegnungen der Kragarme mit Anbauten am Fahrgestell wie Tanks oder Staukisten oder den hinteren Reifen kommt. Beim Shelter braucht man pro Seite nur zwei dieser Kragarme ganz vorne und ganz hinten. Dazwischen ist Luft (in Höhe der Mächtigkeit der Kragarme). Das ermöglicht einen flacheren Hilfsrahmen, da im Bereich von Hinterachse und Tanks keine Kragarme nötig sind.

Der Zepplin-FM2 und die Isolierung...

An für sich ist der Zepplin-Koffer ausreichend gut isoliert. Die Bauweise von Wände und Decke ist Alu-Sandwich, d. h. Innen- und Außenhaut ist 1,5mm Alu und diese beiden Schichten sind flächig auf eine 57mm dicke Styrodurschicht verklebt. Das alleine wäre völlig ausreichend. Jedoch sind - um die enorme Stabilität und die selbsttragende Bauweise zu erreichen - Verstärkungen aus Alu-Vierkantrohr eingebracht. An diesem Stellen ist die Isolation deutlich geschwächt. Betroffen sind folgende Stellen:

  • die umlaufenden Kanten des Shelters (4 senkrechte, 8 waagerechte)
  • auf beiden Längsseiten läuft je in einem Abstand von 1,10 von der hinteren, bzw. vorderen Kante eine senkrechte Verstärkung
  • natürlich die in den Koffern hineinragenden 4 Containerlocks
  • auf der "Beifahrerseite" sind 4 Klappstufen angebracht. Auch hier ist ein Verstärkungsprofil in der Wand eingelassen
  • Vorder- und Rückwand haben wegen der vielen Verstärkungen für die Klappen und der massiven Tür eine deutliche schlechte Isolierung als Seitenwände oder Decke. Hier empfiehlt es sich Vorder- und Rückwand komplett zusätzlich zu isolieren.

Das Ganze hört sich schlimmer an, als es ist. Durch den Innenausbau werden die meisten der genannten Stellen sowieso überbaut. Hier kann dann in den Schränken einfach Isolierung auf das Alu aufgeklebt werden (z. B. 20mm Armaflex). Die Vorder- und Rückwand haben wir ebenfalls mit 20mm Armaflex komplett beklebt und eine dünne Sperrholzplatte davorgesetzt. Auf die Containerlocks haben wir 2x 20mm Armalflex aufgebracht. Zwei der 4 befinden sich in Schränken, um die beiden sichtbaren haben wir je einen kleinen Kasten gebaut. Auch drei der vier seitlichen, senkrechten Verstärkungen sind bei uns mit Schränken überbaut. Mit ein bis zwei Tagen Arbeit und etwa 200 bis 300 Euro Materialeinsatz, ist man durch und hat praktisch keine Wärmebrücken mehr. Schwachpunkt bei uns ist die Tür, aber das ist eine andere Geschichte...

Skizze des FM2. Künstlerisch wertvoll in rot die Wärmebrücken eingezeichnet. (PS: Der Künstler befindet sich noch in seiner frühen Schaffensperiode.)
Eine der senkrechten Verstärkungen im "Durchschnitt" (in diesem Falle die eine, die am rechten Rand der Stufen ist). Diese und drei der anderen haben wir durchgeschnitten. Bis heute kein Problem (weil diese Frage immer wieder kommt).
Blick auf die vordere Wand. Diese und die Rückwand haben wir flächig mit 20mm Armaflex isoliert und eine dünne Sperrholzplatte davorgesetzt. Rechts oben sieht man den verkleideten Containerlock.

 


Disclaimer - Achtung !!!
Alles was hier steht, ist unsere eigene, ungeschminkte Meinung und kann auch ganz falsch sein. Wir haben weder die Weisheit mit Löffeln gefressen - noch glauben wir das. Jeder darf gerne zu ganz anderen Überzeugungen kommen. Kein Problem. Aber vielleicht findet der ein oder andere hier ja für ihn interessante Punkte oder stolpert über Dinge, die er bislang übersehen hat.

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