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Ein neues Fahrgestell – warum?

Nach ein paar Jahren der Nutzung unseres MAN G90 haben wir uns entschlossen, das Fahrgestell unter unserem Wohnkoffer zu tauschen. Warum?

Nun, der Hauptgrund dafür war, dass unser Fahrzeug viel zu schwer geworden ist. Wie so viele andere, die sich ein Fernreisefahrzeug bauen, waren wir bei der Erstanschaffung von dem Wunsch getragen, mit den berühmten 7,5to hinzukommen, die ein Fahren mit dem alten "3er"-Führerschein ermöglichen. Und wenn schon ein LKW (vom Geländewagen kommend), dann sollte es ein möglichst kleiner sein. Deshalb haben wir uns 2007 den MAN G90 angeschafft. Zu Beginn sah das alles auch noch gut aus. Nachdem wir das Fahrgestell damals aufwendig restauriert hatten, 2 große Tanks montiert, Hilfsrahmen und den leeren Koffer drauf hatten, ging es zur Waage und incl. 640 Liter Diesel lagen wir damals mit leerem, nicht ausgebauten Koffer bei 5.500kg. Da kann ja gar nichts schief gehen - dachten wir.

Der Ausbau begann und das Auto wurde schwerer und schwerer. Als alter ITler führte ich in Excel eine Gewichtstabelle - für das Fahrzeug, nicht für mich! - in der ich penibel eingetragen hatte, was noch montiert/eingebaut werden muss und wieviel Gewicht noch dazukommt. Irgendwie lagen wir da bei knapp über 7.500kg, also noch im grünen Bereich. Immer mal wieder wurde zwischendurch gewogen und jedesmal war das Auto schwerer, als es nach meiner Kalkulation zu dieser Zeit hätte sein dürfen. Jedesmal.

Irgendwann war das Fahrzeug dann "fertig" (fertig wird es ja nie) und es ging auf die erste größere Tour: 3 Monate Island standen auf dem Programm. Das Auto vollgeladen: Ein paar Ersatzteile, die Sitzbänke voller Lebensmittel (Island ist teuer) und alles, was man so braucht. Kurz nach der Abfahrt fuhr ich noch auf eine Fahrzeugwaage. Gerechnet habe ich zu diesem Moment mit etwa 7.700kg, doch leider zeigte das blöde Ding 8.200kg an. Hmmm.

Die nächste größere Reise stand 2016 an: 6,5 Monate entlang der alten Seidenstraße in die Mongolei. Ein Traum wurde wahr. Natürlich wurde noch etwas mehr eingepackt: Mehr Ersatzteile, ein zweites Ersatzrad, Schneeketten, ... Alles Dinge, die bei einem LKW gleich auch richtig was wiegen. Mit Angstschweiß auf der Stirn, ging es zunächst wieder auf die Fahrzeugwaage. Diesmal standen da 8.700kg. Wieder 500kg mehr. Upps.

Unser "Schneggsche 1.0" unterwegs in Tadschikistan.

Nun denn, es war nun nicht mehr zu ändern und wir traten die Reise an. Insgesamt standen bei der Tour 17 Grenzübertritte an. Vor jeder Grenze hatten wir natürlich Bammel, dass man uns auf die Waage holen würde. Das trägt nicht wirklich zum entspannten Reisen bei. Meist funktionierte zwar meine Taktik, uns in der PKW-Spur anzustellen, weil wir nach meinem Selbstverständnis ja ein Wohnmobil und kein LKW sind (und es bei eigenen LKW-Spuren oft eine fest installierte Waage gibt...). Hat auch meistens geklappt. Meistens. Auf dem Rückweg, am Übergang aus der Ukraine nach Polen, hat es uns dann erwischt. Wir mussten auf die Waage und der Grenzer fand unsere zu diesem Zeitpunkt 8.500kg nicht wirklich lustig. Glücklicherweise zeigte er sich als freundlicher Mensch und lies uns nach einigem Hin und Her dann doch mit einer dringenden Ermahnung weiterfahren.

Wir haben natürlich bei der Tour auch gemerkt, dass wir bei dem Gesamtgewicht dem Fahrzeug nichts Gutes tun. Letztlich hat uns unser "Schneggsche" zwar dorthin gebracht, wo wir hin wollten - und das nicht nur auf Straßen, sondern auch auf anspruchsvollen Pisten. Aber man merkte, dass sich das Fahrzeug mühte: mit dem Gewicht, mit dem großen Koffer (bei schmaler Spurweite, die diese 7,5to nun mal haben), mit dem kurzen Radstand und der geringen Leistung des 136PS-Motors, der zu dem kein Drehmoment-Wunder ist.

Wir haben unterwegs lange überlegt, welche Optionen wird haben. Aber es erschien uns unmöglich, dieses viel zu hohe Gewicht so zu reduzieren, dass wir einigermaßen in die Legalität zurückkämen, zumindest nicht, ohne einen anderen, kleineren Koffer wieder komplett neu auszubauen. Mit entsprechenden Kosten und einer Beschränkung des Wohnraums, an den wir uns nun schon gewöhnt hatten und in dem wir die nächsten Jahre ja auch weitestgehend leben wollen. Da erschien es uns einfacher und sinnvoller, das Fahrgestell zu tauschen - wohl wissend, dass wir damit in Summe nochmal deutlich schwerer würden. Letztendlich sind wir damit dort angekommen, wo wir eigentlich nie hin wollten: Bei einem großen LKW. Aber "Shit happens", wie man so schön sagt. Ich musste auch noch den LKW-Führerschein machen. Trotz alledem sind wir mit der jetzigen Lösung sehr zufrieden und bedauern unsere Entscheidung nicht. Es geht auch so. Letztendlich würden wir jedem raten, sehr genau zu überlegen, ob die 7,5to-Grenze wirklich so wichtig ist. Es ist sehr schwer ein Fahrzeug, dass für Langzeitreisen (genügend Wohnraum) gebaut wird und entsprechend beladen ist (Ersatzteile, Lebensmittel, Wasser, ...) reisefertig auf 7,5 to zu bekommen. Und selbst wenn man es schafft, bewegt man das Auto dann immer am oder über dem Limit. Da ist es mitunter das kleinere Übel, einen LKW-Führerschein zu machen und mit einem stabileren Fahrzeug zu reisen. So sehen wir das mittlerweile.

Nicht das wir falsch verstanden werden: Wir halten den MAN G90 nach wie vor für eine gute Basis. Aber man muss dann sehr auf die Größe des Koffers und das Reisegewicht achten. Wir haben das nicht geschafft.


Nun also ein 12-Tonner: Mercedes 1222AF

"Schneggsche 2.0" hier schon unterwegs auf den Lofoten.

Als wir die Entscheidung für ein neues Fahrgestell getroffen hatten, stand natürlich die Überlegung im Raum, welches wohl "das Richtige" ist. Das wirklich "Richtige" gibt es wohl nicht und so wurden die "üblichen Verdächtigen" betrachtet: Mercedes 1017, 1222, Steyr 12M18, Iveco/Magiren, usw.

Um die Entscheidung zu erleichtern, wurde gedanklich ein Lastenheft erstellt (Verfügbarkeit, Preis, Ersatzteilversorgung, Leistungsfähigkeit).

Recht schnell hatten wir uns gegen den Steyr entschieden. Hier sehen wir einfach ein zu großes Problem was die Ersatzteilversorgung und die Ersatzteilpreise angeht. So sehr mir das Auto auch technisch gefällt, sehe ich mittel- und langfristig echte Probleme in der Ersatzteilversorgung. Gerade auch, weil das Fahrzeug in den letzten Jahren ja zum Renner bei den Fernreisemobilen wurde. Dazu kam, dass dies natürlich auch den Preis für die verfügbaren Fahrzeuge in die Höhe getrieben hat.

Auch der 1017 schied für uns aus (im direkten Vergleich mit dem 1222). Auch hier ist der Anschaffungspreis deutlich gestiegen und wir sehen da einfach Leistungs- und Drehmomentvorteile beim 1222.

Ich habe noch länger an einem Rundhauber überlegt, einfach weil ich diese als die schönsten LKWs ansehe. Ein bezahlbarer 1113 der späten Produktionsjahre mit 170PS hätte es mir angetan, aber die wenigen, die es noch gibt, lagen preislich einfach viel zu hoch.

So fiel die Entscheidung letztlich auf den 1222 von der Feuerwehr. Wir haben unseren auch sehr günstig bekommen. Mir gefällt die Motorcharakteristik, die 11 Liter Hubraum stellen ordentlich Drehmoment bei geringen Drehzahlen zur Verfügung - ideal für anspruchsvolle Pisten. Den Durst dieses urigen V6 nehmen wir in Kauf, dass war uns vorher klar. Wobei wir sagen können, dass wir gar nicht so weit über dem Verbrauch unseres übergewichtigen, untermotorisierten G90 liegen.

Alles in allem, sind wir zufrieden und hoffen, dass wir nicht nochmal ein Fahrgestell umbauen müssen. Naja, vielleicht irgendwann noch was Kleineres, fürs Alter... 😉